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1. Geschichte der Deutschen Landsmannschaft (DL)

Nachdem in den Jahren zuvor schon einige Versuche, einen Allgemeinen Landsmannschafter-Convent zu gründen, fehlgelaufen waren, unternahm am 2.7.1867 die Landsmannschaft Ghibellinia Tübingen mit Schreiben an befreundete Verbindungen erneut die Anstrengung, mit anderen Landsmannschaften in engeren Kontakt zu treten. Dies fiel auf fruchtbaren Boden, und so wurde für den 1. März 1868 ein erstes Treffen in Kassel beschlossen, an dem neben der Tübinger Ghibellinia noch die Landsmannschaften Teutonia Bonn, Teutonia Halle, Verdensia Göttingen und Makaria Würzburg teilnahmen. Hier wurden die Prinzipien festgesetzt und der Name »Allgemeiner Landsmannschafter-Verband« beschlossen. Nachdem diese Beschlüsse von den jeweiligen Conventen gebilligt worden waren, konnte der Verband am 2. Juni 1868 in der Gaststätte »Zum Löwen« in Zwingenberg aus der Taufe gehoben werden. Bereits vier Jahre später auf dem Kongreß in Halle folgte der für uns noch heute bedeutende Beschluß: »... wo auf Vorschlag des Vertreters der Makaria für die Zukunft als ständiger Kongreßort die geographisch günstig und landschaftlich reizvoll gelegene Stadt Coburg gewählt wurde ...« Ab sofort lautete der Verbandsname Coburger LC, und dieser wuchs rasch auf 15 Mitgliedsbünde an. Mangels innerer Geschlossenheit war ihm allerdings nur eine Lebensdauer von fünf Jahren beschieden. 

Nun kam der Zufall zu Hilfe: Im Wintersemester 1881/82 fanden sich einige auswärtige landsmannschaftliche Uraltsemester in Würzburg ein, um hier ihre Studien fortzusetzen. Der Gedanke keimte auf, den alten Verband in neuer Blüte erstehen zu lassen. Und bereits am 6.1.1882 konnte der Vorsitzende des Rekonstitutionsconventes freudig verkünden: »Der Coburger LC besteht mit dem heutigen Tag wieder!« Wiederum fand der alte neue Verband einen regen Zulauf an Korporationen und gewann an innerer Festigkeit, die sich beispielsweise auch ab Dezember 1886 im monatlichen Erscheinen der LC-Zeitung manifestierte. 1908 erfolgte die Umbennung des gemeinsamen Verbandes in »Deutsche Landsmannschaft«. 

In der Zeit des ersten Weltkrieges existierte kein Aktivenleben im eigentlichen Sinn. Eine Statistik besagt, dass von 11.997 Kriegsteilnehmern 1702 Verbandsbrüder Vater und Mutter, Frau und Kind nicht wiedergesehen haben. Eine entscheidende Stärkung erhielt die DL nach Ende des Ersten Weltkriegs durch die Aufnahme der meisten Verbindungen aus dem aufgelösten Allgemeinen Landsmannschafter Convent auf der Marksburg (Korporationen an zumeist Technischen Hochschulen). 

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 brachte sofort auch einschneidende Änderungen im Korporationsstudententum: Das seit Urzeiten für alle Verbindungen geltende Conventsprinzip (ein jeder Bundesbruder hat Sitz und Stimme) mußte dem Führerprinzip (allein der vom Reichsstudentenführer bestimmte Führer des jeweiligen Verbandes, der wiederum den Führer der einzelnen Korporation einsetzte, entscheidet) weichen. Konnten zu Anfang des Hitlerregimes einige Verbindungen doch noch in den auf weit über 100 Korporationen angewachsenen Verband aufgenommen werden, so gestaltete sich die Werbung um den einzelnen Studenten immer schwieriger. Die untereinander konkurrierenden NS-Organisationen NSDStB, HJ und SA und die Einberufung zum Reichsarbeitsdienst ließen den althergebrachten Studentenbünden kaum noch Nachwuchs übrig. Die Lage wurde immer undurchsichtiger: Politische Entscheidungen, die Korporationen betreffend, hoben sich gegeneinander auf, Umwandlung der Verbindungshäuser in sogenannte Kameradschaften fanden ihr Pro und Contra, die Haltung der Verbindungen reichte vom totalen Aufgehen im Nationalsozialismus bis hin zur Weigerung, Juden, »Judenstämmlinge« und Freimaurer aus den Bünden auszuschließen. Schließlich wurde auf der Pfingsttagung 1936 in Coburg der aktive Teil der Deutschen Landsmannschaft, 132 Bünde, wegen fehlender Zukunftsperspektive aufgelöst, während die Altherrenschaften zunächst noch hofften, als Mitglied der Studentenkampfhilfe weiterhin Kontakt zur akademischen Jugend pflegen zu können. Doch auch diese Hoffnung wurde durch die NSDAP vereitelt. In der Überzeugung, keinen Platz mehr im akademischen Leben zu haben, löste sich die Altherrenschaft der DL auf ihrer 70. Verbandstagung 1938 in Coburg auf.

2. Geschichte des Vetreter Convent (VC)

Auf der schönen Wiese des Bonner Hofgartens sollte es am 4.8.1872 stattfinden: das IV. Allgemeine Deutsche Turnfest. Doch dann kam es anders: Der Kustos der Universität, den Turnern nicht gewogen, verweigerte den Vereinen die Hofgartenwiese für ihre Übungen. Kurzerhand wich man aus auf den Venusberg und errichtete dort ein Zeltlager.

Überhaupt erwies sich die Wahl Bonns, damals eine Kleinstadt mit rund 28.000 Einwohnern, für ein Turnfest im Nachhinein als wenig günstig: Zeitzeugen beklagen die trotz der Universität starken ultramontanen Strömungen, also die streng päpstlich gesinnte Bevölkerung der Stadt, den hohen Anteil der Pensionäre an der Einwohnerschaft und die große Zahl der holländischen und britischen Ausländer, die allesamt an den Turnern nicht interessiert waren. So war die jugendliche Begeisterung gedämpft. Die richtige Stimmung wollte nicht aufkommen; es fehlte dem Fest das Volkstümliche. Der Festzug war »langweilig« und fand bei der Bevölkerung kaum Resonanz. Strömender Regen beeinträchtigte die Veranstaltung zusätzlich. Die Presse berichtete gleichwohl umfänglich. Ein Ereignis fand jedoch keine Erwähnung: die Geburtsstunde des »verehrlichen Cartellverbandes Akademischer Turnvereine« (CV).

Das erste deutsche Turnfest hatte 1860 in Coburg stattgefunden. Von Studenten, die daran teilgenommen hatten und sich für den Gedanken begeisterten, das Turnen auf akademischem Boden wieder heimisch zu machen, wurden in Berlin (17.7.1860) und in Göttingen (21.1.1860) Akademische Turnvereine gestiftet. Andere folgten nach: Graz (28.1.1864), Münster (1867) und Leipzig (5.12.1868). Das gemeinsame Ziel war klar: Die Ausbreitung des Turnens an Deutschlands hohen Schulen. Doch der Organisationsgrad war noch gering. Erst am 18. Juni 1870 kam es zum Abschluß eines Kartells zwischen den Vereinen aus Berlin, Graz und Leipzig, aber dann verhinderte der Ausbruch des Krieges die Verwirklichung der gemeinsamen Vorhaben. Der Göttinger Verein suspendierte gar, weil alle seine Mitglieder bis auf eines – einen Schweizer – einberufen wurden.

Im Jahr 1872 ergriff der ATV Berlin die Initiative: Zum für den 4. August vorgesehenen IV. Allgemeinen Deutschen Turnfest lud er die akademischen Turnvereine Graz und Leipzig nach Bonn ein, um einen gemeinsamen Verband zu gründen. Dr. Hermann, Vorsitzender des ATV Berlin, hatte die Statuten für einen »Cartellverband akademischer Turnvereine« (CV) bereits in der Tasche; die drei Satzungsexemplare wurden nach nicht allzu langer Diskussion unterzeichnet. Offensichtlich drängte die Zeit: Bereits um 12 Uhr fand der Festzug statt; für den Abend war eine zwanglose Kneipe im »Kölner Hof« vorgesehen. Und zwischen diesen Terminen sollte schließlich auch noch geturnt werden.

Von Anfang an hatte der CV einen schweren Daseinskampf gegen die in der Deutschen Turnerschaft zusammengeschlossenen bürgerlichen Turnvereine zu führen, die sich strikt gegen die besonderen akademischen Vereine aussprachen; Streitigkeiten im Innenverhältnis traten dazu. Dennoch ging es rasch vorwärts: Der ATV Münster beteiligte sich spontan an dem am gleichen und am folgenden Tage gefeierten akademischen Turnfest, ohne sich dem CV jedoch bereits anzuschließen. Dies tat dann der 1973 rekonstituierte ATV Göttingen; Neugründungen in Greifswald (1874), Halle, Breslau und Königsberg (1875) und Bonn (1877) kamen hinzu. Hier nahm der Verein sogleich einen Korporationsnamen an und hieß fortan Germania. 1879 bestand der Verband bereits aus zwölf Vereinen.

Das erste Jahrzehnt des Verbandes ist gekennzeichnet vom Widerstreit der Prinzipien: Lockere Turnvereinigung oder eine streng korporative Organisation? Farben? Satisfaktion? Als erster Verein des CV nahm die 1880 gegründete Philippina Marburg Couleur und unbedingte Satisfaktion an; die meisten Vereine folgten ihrem Beispiel, andere erklärten ihren Austritt. 1885 waren Couleur, Satisfaktion und Korporationsname bereits verbandsobligatorisch. Nun wurde auch der Name geändert in: »VC (Vertreterconvent), Kartellverband akademischer Turnvereine auf deutschen Hochschulen«.

Um den Corps, Burschenschaften und Landsmannschaften als vierter schlagender Verband an die Seite zu treten, fehlte jetzt nur noch die Bestimmungsmensur. Die Entscheidung dafür erwies sich aus verbandspolitischer Sicht als richtig: Neugründungen und Neuaufnahmen gewannen dem Verband mehrere Universitätsstädte und sicherten seine Stellung in den alten. In jeder deutschen Hochschulstadt – mit Ausnahme von Gießen – gab es nun mindestens einen Verein des VC. Als dieser auf dem VIII. Turnfest in Gotha (1.–10. Juni 1897) sein 25. Stiftungsfest feierte, zählte er 32 Korporationen, und es war nur konsequent, die für farbentragende und schlagende Verbindungen nicht mehr passende Bezeichnung »ATV« durch »Turnerschaft« zu ersetzen. Den nun gefundenen Namen »VC Verband der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen« behielt der Verband bis zu seiner Selbstauflösung am 1.7.1939.

Fusion von DL und CC

Bereits seit 1922 bestand eine Arbeitsgemeinschaft zwischen dem VC und der Deutschen Landsmannschaft (DL). Mit dieser schloss sich der Verband im Jahre 1951 zum Coburger Convent zusammen – im Sinne einer Sammlung der Waffenstudenten in einem Verband. Entsprechend lautete der Gründungsaufruf: »Wir haben uns zu einem großen Verband »Coburger Convent« (CC) zusammengeschlossen in der Erkenntnis gemeinsamer Ziele, zu denen uns unsere alten Überlieferungen verpflichten. Unter Überwindung der Eigenständigkeit unserer Verbände sehen wir die gemeinsame Aufgabe darin, alle gleichgesinnten Kräfte zu sammeln. ... Wir rufen die studentische Jugend an unsere Seite für Einigkeit und Recht und Freiheit!«